Schwarz-Weiß- und Farbfotografien erzählen Geschichten aus einem vergangenen München. Ein Spaziergang durch die Straßen der Stadt – in den Zeiten vor und nach dem zweiten Weltkrieg. Häuser, Autos, Kleidung und Frisuren: Jedes Motiv typisch für seine Zeit.
Herbert Wendling, der Stadtfotograf
Herbert Wendling (1902-1970), geboren in Weinheim, lebte er von seinem 12 Lebensjahr bis zu seinem Tod in München. Der Fotograf aus Leidenschaft ging seiner Berufung nicht nur beruflich, sondern auch privat nach. So hat er das Haus praktisch nie ohne Kamera(s) und Stativ verlassen.
Er benutzte verschiedenste Kameramodelle (z. B. Rolleicord, Linhof Stereo-Kamera, Leica u. a.), die er z.T. selbst modifizierte.
Zeit seines Lebens war die Stadt und Straße eine seiner Vorlieben. Bei seinen Touren durch die Viertel Münchens fotografierte er die verschiedensten Orte und das sich dort abspielende Leben.
Dabei entstanden u. a. außergewöhnliche Fotoserien über München in der Vor- und Nachkriegszeit bis Ende der sechziger Jahre.
Die Fotografien geben einen Einblick in den Wandel der Stadt über die Jahrzehnte. Klar wird dabei auch, dass „die gute alte Zeit“ nicht so schön war, wie sie in unseren Vorstellungen erscheint. Die Bilder, z. B. aus der Au, zeigen ärmste Verhältnisse, so wird die Wäsche noch händisch im Auermühlbach gewaschen. Die Häuser wirken oft heruntergekommen.
Es gibt so gut wie keine Informationen, wann die Fotografien aufgenommen wurden, kaum Informationen zu den Orten oder helfende Notizen. Wenn es Informationen zu einem Bild gibt, dann meist nur zu Kamera, Objektiv und Belichtungszeit.
Besonders interessant sind die Geschichten und Erinnerungen welche die Fotografien bei den Besuchern der Ausstellungen mit Werken von Herbert Wendling hervorbringen. Es ist immer wieder äußerst spannend und interessant, was gerade ältere Besucher aus ihrer Vergangenheit erzählen. Oft sind es Geschichten aus der Familie und der Kindheit, z. B. das unbeaufsichtigte und freie Spielen auf den Trümmergrundstücken nach dem Krieg. Nicht nur durch noch vorhandene Munitionsreste mehr als nur ein „Abenteuerspielplatz“ für die Kinder und Jugendlichen damals.
Sie erzählen von Lokalen auf der anderen Straßenseite wo sie für ihren Vater das Bier geholt haben, wo die Tante wohnte, die erste Wohnung war, sie als Kinder gespielt haben, an den Kramer der immer Süßigkeiten verschenkte, von abenteuerlichen Trümmergrundstücken, an den Großvater und Onkel, die in einer der Herbergen der Au wohnten und arbeiteten. Und vieles mehr …
Alters unabhängig ist jedoch das Gefühl, dass sich die Entwicklung der Stadt nicht zum Besseren gewandelt hat. Nach der Zerstörung durch den Krieg wird die Utopie der autogerechten Stadt und die Überlassung der Stadtentwicklung an Investoren und die damit verbunden viel genannte Gentrifizierung von der Mehrheit schmerzlich wahrgenommen und beklagt. Einzig die Entwicklungen zur Olympiade 1972 werden positiv bewertet.