Kinetische Kunst & Kunstmaschinen sind einer der Galerie Schwerpunkte.
Maschinenkunst ist heutzutage leider ein etwas vernachlässigtes Genre der Kunst. Seit dem Tode von Jean Tinguely ist sie im allgemeinen Ausstellungsbetrieb unverdienter Weise etwas in Vergessenheit geraten. Was sehr schade ist, kann Sie doch gesellschaftliche Gegebenheiten aufzeigen und gleichzeitig sehr unterhaltsam sein.
Der Begriff Kinetik beschreibt die Lehre der Bewegung als Teilgebiet der Mechanik durch auf Körper einwirkende Kräfte. Kinetische Kunst ist eine Ausdrucksform, bei der mechanische Bewegung ein integraler ästhetischer Bestandteil des Kunstobjektes ist.
Charakteristisch für kinetische Kunst ist, Objekte mit Hilfe von mechanischen, hydraulischen oder elektrischen Antrieben zu bewegen. Sie gelangte in den 1950er und 1960er Jahren zu großer Popularität. Einige wichtige Vertreter der kinetischen Kunst sind Alexander Calder, die Gruppe "ZERO", Jean Tinguely, Günther Uecker, Günter Hase, Willi Reiche und C. Cobdak.
Als Kunstmaschinen bezeichnen die Vertreter der kinetischen Kunst ihre kinetischen Werke. Sie werden beispielsweise durch Wind, Wasser oder Gravitation, Muskelkraft oder Motoren angetrieben. Für kinetische Kunst, die etwas produziert, wie beispielsweise Zeichnungen oder Geräusche, wird häufig die Umkehrung des Begriffs verwendet: Maschinenkunst.
Ein weiterer unter kinetischen Künstlern gängiger Ausdruck ist die Bezeichnung ihrer Arbeiten als kinetische Objekte, einer kinetischen Form der Objektkunst. Ebenfalls gebräuchlich sind die Benennungen kinetische Skulpturen oder kinetische Plastiken als Kunstformen der Bildhauerei.
Kunstmaschine werden angetrieben durch Wind, Sonne, Wasser, Hydraulik, Elektrizität, Schwerkraft und Muskelkraft etc. Der Antrieb wird über mechanische oder hydraulische Elemente in die Bewegungen und Funktionen der Maschinen umgesetzt.
Wichtig ist die auch eine Interaktion der Besucher mit den Maschinen. Die Maschinen sollen von den Besuchern in "Betrieb" gesetzt und gehalten werden. Dies kann über unterschiedliche Wege geschehen. U.a. mittels Fuß- oder Handschalter (bzw. Variationen davon), bei elektrischen Maschinen. Mit Kurbeln und Rädern bei rein mechanischen Maschinen.
Es gibt Maschinen von wenigen Zentimeter Größe bis zu raumfüllenden, mehrere Meter breiten, hohen und tiefen Maschinen.
Mit der industriellen Revolution nimmt der Einfluss von Maschinen – seit dem 19. Jahrhundert – auf unser tägliches Leben immer mehr zu und prägt die Gesellschaft. Nachdem Maschinen zuerst in der industriellen Fertigung eingesetzt wurden, setzten sie ihren Siegeszug auch in der Verwaltung fort, bevor sie in die Wohnungen der Menschen einzogen.
Heute erleben wir eine weitere technische Revolution, deren Einflüsse auf die folgenden Generationen noch nicht einmal absehbar sind. Digitale Maschinen (weitaus intelligenter als der Heimcomputer oder das Smartphone) schicken sich an in das Alltagsleben der Menschen einzudringen.
Maschinen automatisieren und ersetzen zunehmend menschliche Arbeit. Sie sind schneller, billiger und zuverlässiger als der Mensch – also effektiver.
Apparate und Maschinen bestimmen also immer mehr das tägliche Leben. Zum einen erleichtern sie es, zum anderen machen sie auch Angst.
Schwere Arbeiten in der Industrie sind immer mehr von Maschinen übernommen worden bzw. werden es immer noch. Dadurch gehen Arbeitsplätze verloren und das Arbeitsumfeld wird stark verändert. Statt dreckiger und schwerer, körperlich anstrengender Arbeit gewinnt die Geschwindigkeit (Stückzahl pro Zeiteinheit) einen immer höheren Stellenwert.
Sie erleichtern aber auch das tägliche Leben. Elektrische Dosenöffner, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Microwellengeräte, Staubsauger u.v.m. unterstützen uns bei den täglich anfallenden – oft nervigen – Tätigkeiten.
Aktuell stehen wir wieder an der Schwelle zu einer neuen Maschinengeneration. Geräte und Maschinen mit vermeindlicher künstlicher Intelligenz (KI) ziehen ein in unser tägliches Leben. Ob SmartWatch, SmartHome, Alexa, Siri oder selbstfahrende Fahrzeuge. Immer mehr Funktionen des täglichen Arbeits- und Privatlebens werden von Maschinen übernommen.
Der stetig wachsende Anteil der Maschinen am gesellschaftlichen Leben führt zu verschiedensten negativen Einflüssen. Der Einzelne versucht bzw. sieht sich gezwungen irgendwie mit den Maschinen mitzuhalten. Dadurch entsteht der Eindruck einer rasanten Beschleunigung des Alltags und das Gefühl des Zeitverlusts. Ausserdem werden unterschiedliche Ängste geweckt, z.B. die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes mit allen Folgen, oder das Gefühl nicht mehr mitzukommen im immer hektischer und schneller empfundenen Alltag.
Die Abgeschlossenheit der Maschinen (Blackbox) macht ein Verstehen ihrer Funktion unmöglich. Trotzdem lassen wir es zu, dass sie uns Verantwortung abnehmen und reduzieren – aus Bequemlichkeit – das aktive und gerichtete Denken.
Eines gemeinsam haben alle diese Maschinen. Sie erfüllen einen bestimmten Zweck und sollen uns helfen Zeit zu sparen oder Gewinne zu erwirtschaften – die immens wichtige Steigerung der Effizienz – und das tägliche Leben erleichtern.
Nicht so die Kunstmaschinen.
Sie erfüllen gerade das Gegenteil davon. Sie stehlen uns Zeit, erfüllen keine der o.g. Aufgaben. Obwohl auch sie – auf ihre Weise – sehr effizient sind. Allerdings nicht im Sinn von Stückzahl pro Zeiteinheit.
Sie ziehen uns durch ihre teils aberwitzige Konstruktion und Funktion in ihren Bann und stehlen uns auf humorige und charmante Art und Weise (auch) die Zeit. Aber ohne Druck zu erzeugen. Sie zeigen uns eine ganz andere Maschinenwelt.
Man sieht was passiert. Die Maschinen sind keine abgeschlossenen Blackboxen. Bei einigen Maschinen wird man zum Maschinisten und setzt die Maschinen selbst in Bewegung und Funktion.
Sie wecken die Neugierde (zu Begreifen wie sie funktionieren und auf das was sie uns dabei erzählen) und regen unser Denken und unsere Fantasie an.
Jede Maschine erzählt eine Geschichte.
Hinter der Maschine geht es um das Menschliche – Denn der Mensch fängt da an, wo der Zweck aufhört (sinngemäß nach Schillers "Briefe über die ästhetische Erziehung"). Erst jenseits von Bestimmung und Pflicht wird er frei.
Beispielhaft werden hier drei Künstler aufgeführt und kurz vorgestellt.
Charly-Ann Cobdak, Bernhard Jordi und Willi Reiche.
Charly-Ann Cobdak, in München geborene Künstlerin entwirft und baut seit 2009 kinetische Kunstmaschinen.
Die Teile ihrer Maschinen stammen von Flohmärkten, Ebay, Antiquitätengeschäften, Schrottplätzen, Kellern und Speichern. Liebevoll und leidenschaftlich verbaut Charly-Ann Cobdak sie zu sich bewegenden Maschinen mit quietschenden Antrieben, drehenden Rädern, blinkenden Lichtern, bewegten Figuren, Geräuschen und Musik. Sie ziehen die Betrachter an, welche die ironisch, komischen, hintergründigen Maschinen selbst in Bewegung setzen können. Dies geschieht über Bewegungsmelder, Fußschalter oder Kurbelantriebe.
Die KunstStücke des Eisenplastikers Bernhard Jordi
Gute Kunst bewegt. Der Schweizer Künstler Bernhard Jordi hat das wohl – mit gewissem Schalk – wörtlich genommen. Seine KunstStücke verführen den Betrachter unweigerlich zu einer Bewegung. Seine Objekte enthüllen ihr wahres Wesen nämlich erst, wenn der Betrachter gleichsam handgreiflich wird. Darin liegt eine sinnige Ironie: Erst wenn er eingreift, begreift er dieses Werk …
Über Jahre hinweg hat Willi Reiche einen beachtlichen Materialfundus angelegt und durch ungewöhnliche Zusammenstellungen unterschiedlicher Elemente Objekte von skurril-bizarrem Charakter geschaffen. In vielen Arbeiten kombiniert der Künstler die Materialien Holz, Metall und auch Leder miteinander.
Willi Reiche hat sich intensiv mit der Bewegung des Dadaismus, dem Surrealismus und insbesondere der Loslösung vom traditionellen Kunstbegriff auseinander gesetzt. Der Aspekt der Beweglichkeit, das Räderwerk und die Verwendung anachronistischer Relikte wecken unweigerlich Assoziationen zum Werk Jean Tinguelys. Anders als Tinguely mit seinem dadaistischen Hintergrund strebt Reiche mit Perfektion gestalterische Ausgewogenheit an, eine optische und thematische Harmonie, die er jedoch mitunter provokant durchbricht oder gar bewusst 'auf den Kopf' stellt.
Die Austellungen richten sich letztlich an Jeden. Basierend auf den Erfahrungen der letzten drei LowTech Instruments Museen, der Teilnahme an der Sonderausstellung "Hommage à Jean Tinguely – kinetische Kunst heute" in der Montreux Art Gallery – MAG und der Eröffnung der Maschinenhalle von Willi Reiche in Remagen sowie den Ausstellungen von Bernhard Jordi nd Willi Reiche in der Galerie, wird ein breiter Querschnitt der Bevölkerung angesprochen. Vom Kleinkind bis zum Rentner, Frau oder Mann, unabhängig von Herkunft (Geburtsland) und Stand. Sehr interessant ist die Ausstellung auch für Kinder fast jeden Alters.
Es kamen sowohl der technikinteressierte 40 - 60 jährigen Mann als auch die über 70 jährige Rentnerin mit ihrer Freundin. Die Mehrheit der Besucher des LowTech Instruments Museums kam aus München. Es kamen aber auch Touristen aus den USA, Österreich, Italien, Japan und anderen Ländern. Bemerkenswert war die relativ hohen Anzahl an Besuchern aus der Schweiz, die teilweise extra anreisten.
Bei mehreren Führungen von Kindergartengruppen waren nicht nur die Kinder sondern auch die Betreuer – die teilweise alleine oder mit Freunden nochmals kamen – mehr als begeistert.
Machine art is unfortunately a somewhat neglected genre of art these days. Since the death of Jean Tinguely, it has undeservedly fallen into oblivion in the general exhibition scene. Which is a pity, because it can show social realities and be very entertaining at the same time.
Kinetic Art
The term kinetics describes the study of motion as a branch of mechanics through forces acting on bodies. Kinetic art is a form of expression in which mechanical motion is an integral aesthetic component of the art object.
Characteristic of kinetic art is to move objects with the help of mechanical, hydraulic or electric drives. It achieved great popularity in the 1950s and 1960s. Some important representatives of kinetic art are Alexander Calder, the group "ZERO", Jean Tinguely, Günther Uecker, Günter Hase, Willi Reiche and C. Cobdak.
Art machines
The representatives of kinetic art call their kinetic works art machines. They are driven, for example, by wind, water or gravity, muscle power or motors. For kinetic art that produces something, such as drawings or sounds, the inversion of the term is often used: Machine Art.
Another common term among kinetic artists is to refer to their work as kinetic objects, a kinetic form of object art. Also in common use are the designations kinetic sculptures or kinetic sculptures as art forms of sculpture.
Art machine are powered by wind, sun, water, hydraulics, electricity, gravity and muscle power etc. The drive is translated into the movements and functions of the machines through mechanical or hydraulic elements.
It is also important that the visitors interact with the machines. The machines should be put into "operation" and kept in operation by the visitors. This can be done in different ways. Among other things by means of foot or hand switches (or variations thereof), with electric machines. With cranks and wheels in the case of purely mechanical machines.
There are machines from a few centimeters in size up to room-filling, several meters wide, high and deep machines.
Artists
Three artists are listed and briefly introduced here as examples.
Charly-Ann Cobdak, Bernhard Jordi and Willi Reiche.
Charly-Ann Cobdak
Charly-Ann Cobdak, Munich born artist designs and builds kinetic art machines since 2009.
The parts of her machines come from flea markets, Ebay, antique stores, junkyards, basements and warehouses. Lovingly and passionately, Charly-Ann Cobdak assembles them into moving machines with squeaking drives, spinning wheels, flashing lights, moving figures, sounds and music. They attract viewers who can set the ironic, comical, enigmatic machines in motion themselves. This is done via motion sensors, foot switches or crank drives.
Bernhard Jordi
The KunstStücke of the iron sculptor Bernhard Jordi
Good art moves. The Swiss artist Bernhard Jordi has probably taken this literally - with some mischievousness. His KunstStücke inevitably seduce the viewer to move. His objects reveal their true essence only when the viewer becomes, as it were, hands-on. Therein lies a meaningful irony: only when he intervenes does he grasp this work ...
Willi Reiche
Over the years Willi Reiche has built up a considerable stock of materials and created objects of a bizarre character through unusual combinations of different elements. In many works the artist combines the materials wood, metal and also leather with each other.
Willi Reiche has dealt intensively with the movement of Dadaism, Surrealism and especially the detachment from the traditional concept of art. The aspect of mobility, the wheelwork and the use of anachronistic relics inevitably evoke associations with the work of Jean Tinguely. Unlike Tinguely with his Dadaist background, Reiche strives for creative balance with perfection, an optical and thematic harmony, which he, however, sometimes provocatively breaks through or even deliberately turns 'upside down'.