Maschinen sind technische Arbeitsmittel, die bestimmte Arbeitsvorgänge erleichtern bzw. automatisieren.
Nicht so bei den Kunstmaschinen von Willi Reiche: Sie produzieren nicht, sie nehmen keine Arbeit ab – aber sie erleichtern dennoch auf ihre ganz eigene Art das Leben. Reiches kinetische Objekte vermitteln mit spielerischer Leichtigkeit und amüsanten Titeln Freude; die Inszenierung vertrauter, alltäglicher Dinge und Gegenstände aus vergangenen Zeiten ziehen den Betrachter in ihren Bann – und regelmäßigen richten sich ausgestreckte Zeigefinger auf eine ganz besondere Entdeckung, die Erinnerungen und Assoziationen weckt.
Seit 1998 konstruiert Reiche kinetische Objekte mit mechanischen Bewegungsabläufen, angetrieben durch Elektromotoren, Wind oder interaktiv mittels Muskelkraft. Die sehr unterschiedlichen Kunstmaschinen zeichnen sich durch ihren besonderen Charme, schelmische Anspielungen und Ästhetik aus. Die meist lautlosen Bewegungsabläufe verbreiten Ruhe und eine kontemplative Stimmung. Integrierte Leuchtmittel sowie gezielt gesetzte externe Lichtquellen projizieren faszinierende Schattenbilder, die förmlich auf den Wänden tanzen.
Insbesondere bei seinen aktuellen Werken beschränkt sich Willi Reiche vielfach auf die Verwendung gleicher Bestandteile. Durch die Wiederholung und Reihung gleicher oder ähnlicher Formen entsteht jedoch keine eintönige Uniformität, sondern Reiche konstruiert ein Gefüge, das zwar einem gewissen Ordnungsmuster unterliegt, eine Konstante widerspiegelt, zugleich aber ein Spektrum an Variationen zulässt. Das Prinzip der seriellen Anordnung provoziert einen unmittelbaren Vergleich: Sind die seriellen Bestandteile beliebig austauschbar oder verfügen sie, jedes für sich, über eine Individualität, der besondere Aufmerksamkeit gebührt? Nimmt der Betrachter zuerst die einzelnen Varianten wahr oder erfasst er zuerst das kinetische Gebilde als systematisch angelegtes Gesamtwerk?
Neben dieser erwünschten Reflexion spielt für Reiche die Ästhetik des Seriellen eine wesentliche Rolle. Ob in linearer Reihung auf einer Höhe (wie etwa bei den Kunstmaschinen „Gebetsmühle II“ und „Dancing Devils“) oder versetzt gegenüberliegend auf verschiedenen Ebenen (beispielsweise „Luminaire“, „Kat Kat“ und „Vierklang“) – die Wiederholungen gleichartiger Elemente verleihen der Kunstmaschine eine ungewohnte, charakteristische Ästhetik, die das kinetische Gefüge zu einem neuartigen Objekt ganz eigener Prägung werden lässt.
So entsteht etwa aus insgesamt sieben senkrechten, symmetrisch angeordneten Bügelmulden, die aus einer größeren Heißmangel und sechs kleineren Walzenbügelmaschinen stammen, eine kinetische Skulptur, deren Formensprache an Art déco erinnert und Assoziationen zu den „Goldenen 1920er Jahren“ hervorruft. Diese Komposition betitelt Reiche angesichts ihrer Bestandteile und grafischen Wirkung in diesem Fall augenzwinkernd als „Bügelpalast“.