Ein Spaziergang durch Stadt und Zeit
Historische Münchenfotografien von Herbert Wendling
Ein Bildband mit historischen Münchenfotografien aus den 30er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Fotos stammen von Herbert Wendling. Er war Berufsfotograf und Fotografie war mehr als eine Leidenschaft für ihn. So entstand in 40 Jahren ein kleiner fotografischer Schatz mit Münchenfotografien.
Hochwertige Schwarz-Weiß- und Farb-Aufnahmen bieten einmalige Einblicke in den Münchner Alltag der Jahre 1930 bis 1960.
Die Fotografien von Herbert Wendling zeigen das München aus den 30er bis Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Wir folgen Wendling, der den größten Teil seines Lebens (von seinem 12. Lebensjahr bis zu seinem Tod 1970) in München verbracht hat, auf seinen Spaziergängen durch das alte München.
Die Motive spannen einen Bogen von den ärmlichen Herbergshäusern in der Au – in den 30er Jahren, den Straßen und Plätzen des Vorkriegsmünchen, den Aufmärschen der Nationalsozialisten, das zerstörte Nachkriegsmünchen, bis in den Alltag der Stadt in den 60er Jahren.
Die Stadt und ihre Straßen waren eines von Herbert Wendlings Lieblingsmotiven. Auf seinen Touren durch die Stadtviertel Münchens fotografierte er die verschiedensten Bauten, Plätze, Parks und das sich dort abspielende Leben. Dabei entstanden Momentaufnahmen der Stadt in der Vor- und Nachkriegszeit bis zum Ende der 1960er Jahre. Zusammengenommen zeigen sie den faszinierenden Wandel Münchens über die Jahrzehnte. Klar wird dabei auch, dass die „gute alte Zeit“ diesem Namen oftmals zu Unrecht trägt: Herbert Wendlings Bilder, z. B. aus der Au zeigen ärmste Verhältnisse; die Häuser wirken heruntergekommen, ihre Bewohner erledigen die Wäsche im Auermühlbach. Die Häuser und Plätze wirken oft heruntergekommen.
Es gibt so gut wie keine Informationen, wann die Fotografien aufgenommen wurden, kaum Informationen zu den Orten oder helfende Notizen, was eine genaue Zuordnung oft unmöglich macht. Wenn es Informationen zu einem Bild gibt, dann meist nur zu Kamera, Objektiv und Belichtungszeit. Dies macht(e) die Recherchen zu den einzelnen Fotografien meist beschwerlich und stellt(e) auch zurate gezogene Fachleute oft vor Rätsel.
Daher sind die Erinnerungen, die seine Fotografien bei den Besuchern der bisherigen Ausstellungen weckten, von besonderem Interesse. Oft sind es Geschichten zu ihrer Familie und Kindheit, an die ältere Betrachter mit Nostalgie zurückdenken, z. B. das unbeaufsichtigte und freie Spielen auf den Trümmergrundstücken nach dem Krieg; nicht nur durch verstreute Munitionsreste mehr als nur ein „Abenteuerspielplatz“ für die damaligen Kinder und Jugendlichen. Manche erzählen von Lokalen auf der anderen Straßenseite, wo sie für den Vater das Bier holten, von der Straße, in der die Tante wohnte, in der die erste Wohnung lag oder in der sie als Kinder gespielt haben, vom Kramer am Eck, der immer Süßigkeiten verschenkte, vom Großvater und vom Onkel, die in einer der Herbergen in der Au wohnten und dort arbeiteten.
Herbert Wendling wurde 1902 in Weinheim an der Bergstraße geboren. Im Alter von zwölf Jahren kam er nach München, als sein Vater eine Anstellung als Eisendreher in München-Moosach annahm. Bis zu seinem Tod 1970 blieb München seine Heimat.
Die Mutter starb früh und der Vater heiratete erneut. So wuchs Herbert Wendling mit vier leiblichen Geschwistern und drei Halbgeschwistern auf. Schon in jungen Jahren erkrankte er schwer an Diabetes und musste mehrmals täglich Insulin spritzen. Während seiner Schulzeit, er besuchte die Simmernschule in Schwabing, wohnte die Familie in der Unertlstraße. Die Eltern zogen später nach Moosach in die Triebstraße. Ob er dort auch wohnte, ist nicht mehr bekannt. Nach seinem Schulabschluss absolvierte Herbert Wendling eine Kaufmannslehre und entdeckte früh seine Leidenschaft für die Fotografie – zunächst nur als Hobby.
Während des Zweiten Weltkriegs war er etwa fünf Jahre für BMW tätig, zunächst dienstverpflichtet als Kontrolleur für Flugzeugmaschinen, später wurde er als Fotograf übernommen. Eine weitere Anstellung als Werksfotograf bei der Firma Hurt folgte.
Nach Kriegsende fotografierte er ab September 1946 im Rahmen der Kennkartenaktion für das Bayerische Staatsministerium und bereiste zur Anfertigung von Lichtbildern Gemeinden in ganz Bayern. Ohne offizielle Ausbildung zum Fotografen und ohne die Mittel für eine professionelle Kameraausstattung ermöglichte es ihm erst diese Anstellung, sich alle gewünschten Materialien für seine fotografische Arbeit zu leisten. Ende der 40er Jahre wurde ihm von der Handwerkskammer erlaubt, die Berufsbezeichnung „Fotograf “ zu führen. Ab den 1950er Jahren bot Herbert Wendling verschiedene Dienstleistungen rund um die Fotografie an, z. B. kolorierte Semi-Emaille Platten, passend als Einlagen für Broschen, Medaillons oder Krawattennadeln. Auch als Porträtfotograf hatte er ein Einkommen.
Durch seinen Schwiegersohn, der als Zivilangestellter der US-Armee tätig war, konnte er gute Kontakte zu den amerikanischen GIs aufbauen, die sich gern von ihm fotografieren ließen; von einem der US-Amerikaner erhielt er als Dankeschön einen wunderschönen Schinken – leider war der mit Zuckerkruste überzogen und für deutsche Gaumen ungenießbar. Auch alte Fotos von Gefallenen des Zweiten Weltkriegs wurden von Herbert Wendling reproduziert, häufig für die Gedenktafeln der bayerischen Gemeinden. Als einer der Ersten fotografierte er in Farbe, bald vor allem in zahlreichen Schulen (Klassenfotos).
Neben seinen Streifzügen durch München – zu Fuß oder mit dem Fahrrad – fuhr Herbert Wendling oft mit seiner Frau auf dem Motorrad über Land, später mit dem Goggomobil. Stach ihm dabei ein besonderes Motiv ins Auge, konnte es schon einmal passieren, dass er mitten auf der Autobahn anhielt, Kamera und Stativ hervorholte und einige Aufnahmen von der Landschaft machte. Privat interessierte er sich sehr für die Stereofotografie und produzierte sogar einige Trickfilme.
Seine Arbeit in der Dunkelkammer wurde mit zunehmendem Alter durch seine schlechter werdenden Augen behindert, weshalb er seine Frau bei der Produktion von Jacken und Pullovern auf der Strickmaschine unterstützte und auf diese Weise mithalf, für das Auskommen seiner Familie zu sorgen. Während der Volkszählung des Jahrs 1961 arbeitete er im Statistischen Landesamt. Zwei seiner Fotoserien – über den Tierpark und über die Münchner Brunnen – konnte er zur Veröffentlichung an einen Verlag verkaufen, wobei heute leider nicht mehr bekannt ist, in welchen Publikationen seine Werke veröffentlicht wurden.
Häufige Wechsel des Wohnsitzes führten die noch junge Familie während des Zweiten Weltkriegs u.a. nach Trudering und wohl auch nach Bogenhausen, wo eine von Herbert Wendlings Töchtern eine Zeit lang die Gebeleschule am Herkomerplatz besuchte. Die letzte Wohnung lag in der Aßlinger Straße 8 in Ramersdorf.
Viele seiner Fotografien begutachtete Herbert Wendling im Lauf seines Arbeitslebens nur als Film in der Dunkelkammer, ohne sie je zu entwickeln. Dies war neben der Materialknappheit während der Kriegs- und Nachkriegsjahre auch seinen zeitlebens begrenzten finanziellen Mitteln geschuldet. Mit zuletzt elf Kindern führte die Familie ein einfaches und entbehrungsreiches Leben. Eine Familie dieser Größe zu ernähren, war als Fotograf zeitlebens nicht einfach.
Gerhard Grabsdorf beschäftigt sich seit 2009 mit der Aufarbeitung des Fotoarchivs seines Großvaters.
Gerhard Grabsdorf ist in München geboren, wo er heute auch lebt und arbeitet.
Der Fotograf Herbert Wendling war sein Großvater. Er beschäftige sich seit 2009 mit der Aufarbeitung des Fotoarchivs seines Großvaters. Dabei entstand 2010 seine Galerie für Fotografie und zeitgenössische Kunst.
Er realisiert regelmäßig Ausstellungen und veröffentlichte einen Kalender mit Werken seines Großvaters.
Von 1996 bis 2015 war er Herausgeber des Münchner Kunst- und Kulturportals 089.com. Seit 2014 hat er viermal das LowTech Instruments Museum, ein temporäres Museum für Kunstmaschinen von Charly-Ann Cobdak, mit initiiert.
Seit ca. 2007 fotografiert er auch selbst. Mit dem Schwerpunkt München folgt er der Tradition seines Großvaters. Die Sujets unterscheiden sich jedoch erheblich.
The Book
An illustrated book with historical Munich photographs from the 1930s and 1960s. The photos were taken by Herbert Wendling. He was a professional photographer and photography was more than a passion for him. So in 40 years a small photographic treasure with Munich photographs was created.
High-quality black-and-white and color photographs offer unique insights into everyday life in Munich from 1930 to 1960.
The photographs of Herbert Wendling show Munich from the 1930s to the end of the 1960s. We follow Wendling, who spent most of his life (from the age of 12 until his death in 1970) in Munich, on his walks through old Munich.
The motifs span from the poor hostel houses in the Au - in the 30s, the streets and squares of pre-war Munich, the marches of the National Socialists, the destroyed post-war Munich, to the everyday life of the city in the 60s.
The city and its streets were one of Herbert Wendling's favorite subjects. On his tours through Munich's neighborhoods, he photographed a wide variety of buildings, squares, parks and the life that took place there. In the process, he created snapshots of the city in the pre- and post-war periods up to the end of the 1960s. Taken together, they show the fascinating transformation of Munich over the decades. It also becomes clear that the "good old days" often bear this name unjustly: Herbert Wendling's pictures, for example of the Au, show the poorest conditions; the houses seem run-down, their inhabitants do the laundry in the Auermühlbach. The houses and squares often look run-down.
There is almost no information about when the photographs were taken, hardly any information about the places or helping notes, which often makes an exact assignment impossible. If there is information about an image, it is usually only about the camera, lens, and exposure time. This usually makes(s) research on the individual photographs arduous and often puzzles even consulted experts.
Therefore, the memories that his photographs awakened in the visitors of previous exhibitions are of particular interest. Often they are stories about their family and childhood, which older viewers think back to with nostalgia, e.g. the unsupervised and free playing on the rubble plots after the war; not only due to scattered ammunition remains more than just an "adventure playground" for the children and young people of that time. Some tell of pubs across the street where they fetched beer for their father, of the street where their aunt lived, where their first apartment was or where they played as children, of the grocer on the corner who always gave away sweets, of their grandfather and uncle who lived and worked in one of the hostels in the Au.
The Photographer
Herbert Wendling was born in Weinheim an der Bergstrasse in 1902. He came to Munich at the age of twelve, when his father took a job as an iron turner in Munich-Moosach. Munich remained his home until his death in 1970.
His mother died early and his father remarried. Thus Herbert Wendling grew up with four biological siblings and three half-siblings. He became seriously ill with diabetes at a young age and had to inject insulin several times a day. During his school years, when he attended the Simmernschule in Schwabing, the family lived in Unertlstraße. The parents later moved to Triebstraße in Moosach. Whether he also lived there is no longer known. After graduating from school, Herbert Wendling completed an apprenticeship as a merchant and discovered his passion for photography early on - initially only as a hobby.
During the Second World War, he worked for BMW for about five years, initially as a service inspector for aircraft engines, and later as a photographer. A further employment as a factory photographer at the Hurt company followed.
After the end of the war, he took photographs for the Bavarian State Ministry from September 1946 as part of the identity card campaign and traveled to communities throughout Bavaria to take photographs. Without official training as a photographer and without the means for professional camera equipment, it was only this employment that enabled him to afford all the materials he wanted for his photographic work. At the end of the 1940s, he was allowed by the Chamber of Crafts to use the professional title "photographer ". From the 1950s on, Herbert Wendling offered various services related to photography, such as colored semi-enamel plates, suitable as inlays for brooches, medallions or tie pins. He also had an income as a portrait photographer.
Through his son-in-law, who was a civilian employee of the U.S. Army, he was able to establish good contacts with the American GIs, who were happy to let him photograph them; he received a beautiful ham from one of the U.S. Americans as a thank-you - unfortunately, it was covered with sugar crust and inedible for German palates. Herbert Wendling also reproduced old photos of fallen soldiers of World War II, often for the commemorative plaques of Bavarian communities. He was one of the first to take photographs in color, soon especially in numerous schools (class photos).
In addition to his forays through Munich - on foot or by bicycle - Herbert Wendling often rode across country with his wife on a motorcycle, later with the Goggomobil. If a special motif caught his eye, it could happen that he stopped in the middle of the highway, took out his camera and tripod and took some pictures of the landscape. Privately, he was very interested in stereo photography and even produced some animated films.
His work in the darkroom was hampered by his deteriorating eyesight as he grew older, so he assisted his wife in producing jackets and sweaters on the knitting machine, thus helping to provide for his family. During the census of 1961 he worked in the National Statistical Office. He was able to sell two of his photo series - about the zoo and about the Munich fountains - to a publishing house for publication. Unfortunately, it is no longer known in which publications his works were published.
Frequent changes of residence during the Second World War took the still young family to Trudering and probably also to Bogenhausen, where one of Herbert Wendling's daughters attended the Gebeleschule on Herkomerplatz for a time. His last residence was at Aßlinger Straße 8 in Ramersdorf.
In the course of his working life, Herbert Wendling examined many of his photographs only as film in the darkroom, without ever developing them. This was due not only to the shortage of materials during the war and post-war years, but also to his limited financial means throughout his life. With eleven children at last count, the family led a simple and deprived life. Feeding a family of this size was not easy throughout his life as a photographer.
Gerhard Grabsdorf
Gerhard Grabsdorf has been working on the reprocessing of his grandfather's photo archive since 2009.
Gerhard Grabsdorf was born in Munich, where he also lives and works today.
The photographer Herbert Wendling was his grandfather. Since 2009 he has been working on the reprocessing of his grandfather's photo archive. In the process, his gallery for photography and contemporary art was created in 2010.
He regularly realizes exhibitions and published a calendar with works of his grandfather.
From 1996 to 2015 he was the editor of the Munich art and culture portal 089.com. Since 2014, he has co-initiated the LowTech Instruments Museum, a temporary museum of art machines by Charly-Ann Cobdak, four times.
He has also been taking photographs himself since around 2007. Focusing on Munich, he follows the tradition of his grandfather. The subjects, however, differ considerably.