Oktober 2024
In der Bildwelt wie im Leben gibt es nichts Geringes. Das kleinste Teil hat eine Funktion und ist gleichwertig mit allen anderen Teilen, unabhängig von Größe und Gehalt. Ähnlich wie in der Musik, wo der Ton einer Triangel nur kurz ins Spiel kommt, aber einen Stellenwert hat, auf den die Komposition nicht verzichten kann. Alle Teile sind im Dialog miteinander. Wir schauen, wie aus der Vielfalt unendliche Varianten entstehen. Wir lassen zu, was stärker ist als unsere Absicht. Mit Absichten und hartem Wollen verfehlen wir meistens das Geheimnis einer echten Wirkung.
Es sind die Eigenarten der Dinge, die sich auf einem anderen Weg finden als unser Ich es will. Unser Leben ist von Vorurteilen besetzt, und oft stehen wir dem im Wege, was sich aus einer inneren Notwendigkeit zusammenfindet. Uns bleibt genug zu tun, wenn wir dem schöpferischen Prozess die Mittel zur Verfügung stellen, die den Prozess ermöglichen. All unser Können allein würde nicht reichen, um der Linie des Findens auf die Spur zu kommen. Im Nicht-Machbaren liegt das Geheimnis einer echten Wirkung. Das Spiel mit den Fragmenten und Fundstücken ist faszinierend, weil die Dinge im Dialog miteinander Konstellationen und Wirkungen erzeugen, die uns zum Wegweiser werden. Kunst wird zum Gleich-nis und lässt Rückschlüsse auf unser Leben zu.
Meine Bilder illustrieren keine Themen, sondern äußern sich in Form einer frei gestalterischen Zeichensprache. Was latent in den Bildern an Inhalten vorhanden ist, muss nicht zwangsläufig so gelesen werden. Ähnlich wie in der Musik ist der Betrachter in der etwas paradoxen Situation, sich als Entdecker zu bemühen und seinen Assoziationen zu vertrauen, die natürlicherweise bei jedem unterschiedlich sind. Daher haben meine Bilder auch keine Titel. Wenn der Prozess verbindliche Formen hervorbringt, wie Figuratio-nen, Landschaften oder Köpfe, so nur auf gleiche prozesshafte Weise.
Ein Anliegen möchte ich zum Schluss nicht unerwähnt lassen: Da ich gerne in einer Gemeinschaft mit Menschen lebe, die auch wach, lebendig und kreativ sind, habe ich das Bedürfnis, das zu vermitteln, was ich erfahre und erlebe. Die schöpferischen Kräfte, die in jedem Menschen vorhanden sind, können Grenzen, die uns von außen gesetzt werden, überschreiten und Kräfte entwickeln, die sich gegen Fremdbestimmung, Verzweckung und Vernutzung wehren. Wenn wir uns in diesem Sinne mit der Kreativität befassen, haben wir die Chance, eine authenti-sche Persönlichkeit zu werden, die bis ins hohe Alter innerlich wach und lebendig bleibt.
Alfred Darda, 2014
“Meine Bilder entstehen im Dialog vor allem mit Gegebenheiten, die nicht machbar sind im konventionellen Sinne. Meist sind es Fundstücke, die ich verwende, die ihrem eigentlichen Zweck entronnen sind, die sich durch Verwitterung, Erosion und andere Naturprozesse in Poesie verwandelt, ich könnte auch sagen, in den Zustand der Unschuld zurückverwandelt haben. Ich integriere sie und mittels der Malerei entsteht ein partnerschaftliches Verhalten zwischen dem Unbewußten, dem Numinosen und meinem Bewußtsein. Ideal ist es, wenn durch diese Begegnung ein neuer Zustand entsteht. Der Dialog läßt neue Wirklichkeiten zu, die nicht von einseitigen Inhalten verdrängt werden. Ich möchte durch Zeichensprache ein aus meiner Sicht zentrales Thema unserer Zeit berühren. Der Mensch als Macher muß es wieder schaffen, der Natur als Ort mysteriöser Kräfte und Gesetzmäßigkeiten im Dialog zu begegnen, daß eine Partnerschaft entsteht, die lebenserhaltend ist. Der Prozeß des Dialogs wird zum Inhalt und Bilder werden zur Zeichensprache.”
von 18.10.2024 bis 25.01.2025
Vernissage: 18.10.2024
19.00 bis 22.00 Uhr
18.10.2024 von 19:00 bis 22:00
Alfred Darda Im Dialog mit dem nicht Machbaren
Geb 1937 in Westfalen
1957 Werkkunstschule Dortmund
1958-61 Folkwangschule Essen
1961 Kunstakademie München
Er lebte und arbeitete bis 2012 in München, seitdem auf seinem Bauernhof im Allgäu.
Alfred Darda ist seit 1982 Träger des Seerosenpreis der Stadt München.
Seit 2000 ist er Dozent an der Akademie Reichenhall, außerdem gibt er Seminare und Kurse.
In the world of images, as in life, there is nothing small. The smallest part has a function and is equal to all other parts, regardless of size and content. Similar to music, where the sound of a triangle only comes into play briefly, but has an importance that the composition cannot do without. All parts are in dialog with each other. We see how infinite variations emerge from the diversity. We allow what is stronger than our intention. With intentions and hard will, we usually miss the secret of a real effect.
It is the peculiarities of things that find themselves on a different path than our ego wants. Our lives are occupied by prejudices and we often stand in the way of what comes together out of an inner necessity. We have enough to do if we provide the creative process with the means to make the process possible. All our skills alone would not be enough to trace the line of discovery. The secret of a genuine effect lies in what cannot be done. Playing with fragments and found objects is fascinating because, in dialog with each other, things create constellations and effects that become our guideposts. Art becomes a parable and allows us to draw conclusions about our lives.
My pictures do not illustrate themes, but express themselves in the form of a freely creative sign language. The latent content of the pictures does not necessarily have to be read in this way. Similar to music, the viewer is in the somewhat paradoxical situation of having to make an effort as an explorer and trust his or her associations, which are naturally different for everyone. That is why my paintings have no titles. If the process produces binding forms, such as figurations, landscapes or heads, then only in the same processual way.
Finally, I would like to mention one concern: As I enjoy living in a community with people who are also awake, alive and creative, I feel the need to communicate what I experience and witness. The creative forces that are present in every human being can transcend the boundaries that are set for us from the outside and develop forces that resist external determination, commodification and utilization. If we engage with creativity in this way, we have the chance to become an authentic personality that remains awake and alive well into old age.
Alfred Darda, 2014